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Bienen ist Raps nicht egal

Die Entwicklung des Rapsanbaues in Oberösterreich aus der Sicht eines Erwerbsimkers.

Raps und Imkerei

Für die Imkerei ist Raps eine äußerst attraktive Tracht. Mit seinem frühen Blühzeitpunkt, seinem hochwertigen Pollen und seinem reichen Nektarfluss hat Raps in Oberösterreich eine herausragende Bedeutung für den Erfolg in der einkommensorientierten Imkerei. Solange es ihn noch gibt. Wenn die Rapsfläche in 7 Jahren um die Hälfte schrumpft, ist es auch für erwerbsorientierte Imker an der Zeit, sich Gedanken zu machen.

Schwung und Einkommen mit Raps

Sobald die ersten Blüten einen gelben Schleier über die Rapsfelder legen, starten die Bienenvölker durch.
. Im Stock werden Waben gebaut, die Königin läuft zu Höchstleistungen auf. Die Völker gewinnen an Stärke wie in sonst kaum einer anderen Tracht. Kurz gesagt: Raps bringt die Völker in Schwung.
Und auch den Imker. In den drei bis vier Wochen Blüte brauchen die Rapsvölker volle Aufmerksamkeit. Raum geben für die Eiablage, Honigräume erweitern für den Nektar, Drohnenbrut entfernen für Wachsgewinnung und Varroareduzierung sowie Jungvölker bilden mit der überreichlichen Brut. Auch zur Schwarmvermeidung. Extrem viel Arbeit, die sich auszahlt.
Rapshonig ist in Oberösterreich für die Erwerbsimkerei ein wichtiger Beitrag zum Betriebserfolg
Bis zu 25% Anteil kann der Raps zum Gesamthonigertrag beitragen, wenn dann noch eine gute Waldhonigernte erreicht wird. In Jahren mit wenig Waldhonig kann der Raps zur „Rettung“ werden.
Vor allem, weil Raps sicher blüht. Bei Waldhonig und auch bei Sommerblütenhonig (wie Linde, Sonnenblume, Alpenrose) weiß man nie, ob was kommt.
Bei Hobbyimkern ist der Raps manchmal weniger beliebt. Einerseits verlangen Bienenvölker im Raps ein hohes Maß an fachlichem Können und Erfahrung in der Völkerführung, andererseits verfügen Hobbyimker oft auch nicht über die Ausstattung mit professionellen Geräten für die Bereitung von Cremehonig und dessen Abfüllung.

Raps wird rar

Der Rapsanbau hat für den Gesamterfolg der Erwerbsimkerei in Oberösterreich – im Vergleich zu Niederösterreich – eine ungleich größere Bedeutung, weil hier kaum andere, für die Wirtschaftlichkeit relevante, Blütentrachten zur Verfügung stehen. In Niederösterreich bieten sich zusätzlich auch Akazie und Sonnenblume an.
In den letzten 25 Jahren kamen in Oberösterreich durchschnittlich 10.088 ha Raps zur Ernte. Ab 2001 nahmen die Rapsflächen kontinuierlich zu, um 2008 mit nahezu 15.000 ha ihren Höhepunkt zu erreichen. Von 2005 bis 2014 war die hohe Zeit des Rapsanbaues in Oberösterreich, die Flächen bewegten sich über dem 25jährigen Mittel.
Von 2014 auf 2015 erfolgte der Absturz. In Oberösterreich verzeichnete der Raps im Jahr 2015 ein Minus von 4.200 Hektar. In Imkerkreisen wurde das durchaus vermerkt und mit Sorge gesehen.
Seitdem bewegt sich die Rapsfläche auf niedrigem Niveau, um die 7.200 ha/Jahr. Wurden anfangs die geringeren Preise – die mit 314 €/to aber immer noch besser waren als der Durchschnitt vorangegangenen 16 Jahre (1998 - 2013) mit 292 €/to – als Ursache gesehen, lässt sich diese alleinige Argumentation nicht mehr halten. Trotz zuletzt deutlich steigender Preise hat sich der Rapsanbau in Oberösterreich nicht mehr erholt.
Raps scheint rar zu werden und seine bisherige großflächige Bedeutung für die erwerbsorientierte Imkerei zu verlieren.

Raps und Pflanzenschutz

Raps ist eine sehr vielseitige Kulturpflanze mit einer breiten Palette an hochwertigen Produkten, positiven Nebenwirkungen und Zusatznutzen. Er liefert ein wertvolles Öl mit einem hohen Anteil an Omega 3 Fettsäuren und Vitamin E, mineralstoffreiches Eiweiß (Rapskuchen), ist wertvoll in der Fruchtfolge für die Bodengesundheit und bedeckt 10 Monate den Ackerboden (keine Erosion). Die Rapsblüte fördert die Bienenvölker in ihrer Entwicklung und ihrer Gesundheit. Rapshonig ist ein wichtiger Faktor für die Rentabilität der Erwerbsimkerei. Zu guter Letzt profitieren von der Rapsblüte auch Insekten, wie z.B. Wildbienen, die zu dieser Jahreszeit ihre Flug- und Brutzeit haben.
Andererseits ist Raps bei einer Reihe von Insekten beliebt, die sein Wachstum, seine Blüten- und Kornbildung und damit seinen Ertrag stark beeinträchtigen können. Dazu zählen Rapserdfloh (und drei weitere Erdfloharten), Großer Stängelrüssler, Gefleckter Kohltriebrüssler, Kohlschotenrüssler, Rapsglanzkäfer, Kohlschotenmücke, Mehlige Kohlblattlaus, um nur einige zu nennen.
Pflanzenschutz ist bei Raps demnach notwendig. Raps ohne Pflanzenschutzmaßnahmen ist irrelevant. Das müssen auch wir Imker zur Kenntnis nehmen.
Interessant ist, dass die Ausweitung und der Höhepunkt des Rapsanbaues in Oberösterreich sich gut mit dem Einsatz von Neonicotinoiden in der Rapsbeizung decken. Mit 1. 12. 2013 hat die EU die neonicotinoiden Beizen verboten (VO (EG) Nr. 485/2013). Mit 2014 begann die Talfahrt der Rapsflächen.
Der Preis, der 2013 nachgegeben hat, wird ebenso eine Rolle gespielt haben, weniger Raps anzubauen. In den folgenden Jahre wurden die Schwierigkeiten, einen guten Rapsbestand zu etablieren, immer offensichtlicher. Die sehr guten Preise 2021 und 2022 konnten die Schädlingsproblematik nicht egalisieren, der Rapsanbau blieb auf einem seit 1998 nicht mehr dagewesenen niedrigen Niveau.
Sobald der Raps keimt, frisst der Erdfloh. Die Rapspflanze bleibt stehen und wächst nicht mehr weiter. Bei mehr als 10% Blattflächenverlust ist eine Spritzung unausweichlich, sofern ein Totalverlust nicht riskiert werden will.
Zur Bekämpfung der Rapserdflöhe im konventionellen Bereich sind nur mehr synthetische Pyrethroide mit der Feldspritze zugelassen. Wegen der Schärfe der Erdfloh-Problematik gibt es im Bio-Bereich sogar eine Notfallzulassung: Das Produkt Spruzit Schädlingsfrei, auf Basis von Pyrethrine (ein Pyrethrum Extrakt aus der Chrysantheme) und Rapsöl. Es ist als schädlich für Nützlinge eingestuft.
Resistenzen gegen die Wirkstoffgruppe der Pyrethroide wurden beim Erdfloh in Deutschland bereits nachgewiesen, in Österreich noch nicht. Landwirte klagen allerdings auch in Oberösterreich über Minderwirkungen. Eine Strategie zur Vermeidung von Resistenzen wäre der Wechsel mit Mitteln anderer Wirkstoffgruppen. Seit dem Verbot der Beize mit Neonicotinoiden ist dies bei Erdfloh in der regulären Zulassung nicht mehr möglich. Um einen Ausweg aus diesem Dilemma zu ermöglichen, wurden 2021 und 2022 Notfallzulassungen für Mospilan 20G gegen Rapserdfloh, mit dem Neonicotinoid Acetamiprid als Wirkstoff, erteilt.

Resümee

Dadurch, dass viele Wirkstoffgruppen, nicht nur Neonicotinoide, weggefallen sind, steigt die Resistenzgefahr dramatisch an. Beim Erdfloh zeigen sich aus der Sicht der Imkerei erste gravierende Auswirkungen insofern, als der Rapsanbau immer riskanter und damit unattraktiver wird und damit die Möglichkeit der Rapshonigproduktion sich zunehmend schwieriger gestaltet.
Notfallzulassungen stehen vielfach unter Kritik, auch seitens der Imker. Im dargestellten Fall des Rapserdflohes geben sie jedoch durchaus Sinn. Für die Resistenzvermeidungsstrategie und letztlich zur Erhaltung einer einkommensrelevanten Kultur für die Erwerbsimkerei.
Vielleicht hat sich so mancher Imker, den man an vorderster Stelle gegen Pflanzenschutz und im speziellen gegen Neonicotinoide kämpfen sieht und hört, noch keine Gedanken gemacht über die Folgen für den Rapsanbau und damit auch für seine Quellen für Rapshonig als möglichen Einkommensbestandteil.

Motivation für Rapsanbau?

Der Raps-Landwirt sieht sich zunehmend mit einer Reihe weiterer Schwierigkeiten konfrontiert.
  • lange, warme Herbstsaison
  • wärmere Winterperioden
  • heiße trockene Sommer
  • attraktive Konkurrenzkulturen
  • Änderungen im Umweltprogramm
  • Arbeitszeit und Intensität des Rapsanbaues
  • emotionale Belastung
Die Folgen des Klimawandels waren im Herbst 2022 wieder deutlich zu spüren. Der extrem lange warme Herbst bis Mitte November war ideal für Flug und Fraß des Erdflohes. In Hotspots waren bis drei Behandlungen notwendig, um den Raps zu erhalten. Warme Witterung im Spätherbst und warme Winter verlängern die Eiablage des Erdflohes.
Die Zunahme der Hitzetage, speziell im Juni und Juli, liegen dem Raps überhaupt nicht. Er liebt eher eine langsamere Abreife. Raps zählt sicher nicht zu den Gewinnern des Klimawandels.
In den wärmeren Lagen des oberösterreichischen Zentralraumes (Linz, Eferding) hat der Raps vermehrt Probleme mit Schädlingen und Krankheiten. Der Raps fühlt sich in den kühleren Lagen des Innviertels wohler. Sein Anbau verlagert sich zunehmend in diese Richtung. Dort befinden sich auch eher die Güllebetriebe. Raps ist die einzige Kultur, die den Stickstoff der Gülle im Herbst sinnvoll verwerten kann.
In den letzten Jahren haben zudem attraktive Konkurrenzkulturen die Motivation für den Rapsanbau eingeschränkt. Sojabohne zum Beispiel. Die Sojabohne braucht keine Düngung, nur zwei Pflanzenschutzmaßnahmen (Unkrautbekämpfung) und im Herbst wird geerntet. Auch Mais, Zuckerrübe und Ölkürbis sind ökonomisch sehr attraktive Alternativkulturen. Aus der Sicht der Erwerbsimkerei alles Kulturen ohne Chance auf Honigernte (siehe Diagramm).
Resümee: Gründe für eine höhere Motivation Raps anzubauen gibt es wenige. Einschränkungen im Pflanzenschutz, attraktive Konkurrenzkulturen, emotionale Belastung durch öffentlichen Meinungsdruck und letztlich auch die Folgen des Klimawandels, gehen alle zu Lasten des Rapsanbaues. Wir Imker werden die Folgen früher oder später spüren.

Bienen und Raps - jedem das Seine

Raps und Pflanzenschutz ist ein heikles Thema. Wir brauchen eine fachlich basierte Diskussion, die von einem Grundvertrauen geprägt ist, dass beide – Raps-Landwirt und Profi-Imker – nach bestem Wissen und in gegenseitiger Rücksichtnahme ihre Arbeit machen. So leisten wir einen Beitrag zur Motivation für den Rapsanbau und können hoffentlich auch in schwieriger werdenden Zeit mit Rapshonig unseren Betriebserfolg verbessern.
Der Imker bemüht sich, das Produktionsumfeld und die Schwierigkeiten des Rapsanbaues zu verstehen, der Raps-Landwirt befasst sich mit den Bedürfnissen und Risiken in der Imkerei. Das geht nur mit einem offenen miteinander Reden und Wissensaustausch. Ohne vorgefasste Meinungen.
Landwirte und Erwerbsimker sind hochspezialisierte Fachleute in ihrem jeweiligen Sektor. Jeder soll in einem komplexen Umfeld von Gesellschaft, Umwelt und Klimawandel über jene Instrumente verfügen dürfen, um optimal wirtschaften zu können. Mit Rücksichtnahme auf den jeweilig anderen. Umso mehr, weil beide – Landwirt und Imker – voneinander profitieren können.

Die ausführliche Version dieses Beitrages steht unten als Download zur Verfügung

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